LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON \"VERDAUUNGSBESCHWERDEN\" am 31.03.2011

Die meistgestellten Leserfragen am Expertentelefon "Verdauungsbeschwerden" am 31.03.2011

 

 
 

 

 

 

 

Es heißt oft, die Verdauung beginnt im Mund. Aber was heißt das - wie oft und lange muss ich kauen? Leiste ich sonst Verdauungsbeschwerden quasi Vorschub?

  • Dr. Manfred Diemer, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Stuttgart: Die Verdauung beginnt sogar schon vor dem Mund. Indem wir appetitliche Nahrungsmittel sehen und riechen, beginnt der Körper bereits Verdauungssäfte zu produzieren und auszuschütten, bevor der erste Bissen den Mund erreicht. Das Auge isst also tatsächlich mit. Gutes Kauen führt mit der Zerkleinerung der Nahrung zur Intensivierung des Geschmacksempfindens und damit zu vermehrter Speichelbildung und Sekretion von Verdauungssäften. Damit ist der Verdauungsprozess optimal eingeleitet. Die Nahrungsbestandteile können gut aufgeschlossen werden und das Eindringen von schädlichen Mikroorganismen wird verhindert. Dadurch kann wirklich einem Teil von Verdauungsstörungen vorgebeugt werden. Es wird empfohlen, jeden Bissen mindestens 30-mal zu kauen.

Meine Mutter nimmt zur besseren Verdauung vor fettem Essen immer Artischockenkapseln ein. Doch ich bin skeptisch – was kann das bringen?

  • Dr. Andre Schumacher, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Düsseldorf: Die Artischockenkapseln regen die Produktion der Gallenflüssigkeit an, die ja für die Fettverdauung benötigt wird. Insofern haben die Kapseln durchaus einen positiven Effekt.

Ich habe mal gehört, dass man gerade auf jene Nahrungsmittel mit Unverträglichkeit und Beschwerden reagiert, die man besonders häufig isst - wie frisches Brot, Äpfel, Milch etc. Wie kann man vermeiden, dass es soweit kommt?

  • Dr. Diemer: Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben ganz unterschiedliche Ursachen. Häufige Gründe sind Reizstoffe in Lebensmitteln, Mangel an bestimmten Verdauungsenzymen oder auch Allergien gegen Nahrungsbestandteile. Die Empfindlichkeit gegen bestimmte Substanzen kann angeboren oder erworben sein. Mit der Häufigkeit, in der die Substanzen aufgenommen werden, muss dies nichts zu tun haben. Manche Probleme treten in einzelnen Familien gehäuft auf und können bei den anderen Familienmitgliedern evtl. frühzeitig untersucht werden. Bei allen Unverträglichkeiten sollte versucht werden, beispielsweise mithilfe einer Suchdiät, festzustellen, wogegen genau die Unverträglichkeit vorliegt, um diese Substanzen dann zu meiden.

Mein Mann trinkt nach deftigem Essen immer mal einen oder zwei Schnäpse. Er meint, danach ginge es ihm besser - kann das sein?

  • Dr. Albrecht Maier, Facharzt in einer Gemeinschaftspraxis für Ambulante Gastroenterologie und Innere Medizin in Stuttgart: Das mag sein. Aber die empfundene Erleichterung ist weniger der angeregten Verdauung zuzuschreiben, als vielmehr der betäubenden Wirkung des Alkohols auf das Nervensystem. Generell wird die Verdauung der Mahlzeit durch Alkohol eher verlangsamt, weil der Alkohol bevorzugt verstoffwechselt wird. Trinkt ihr Mann einen Kräuterschnaps, relativiert sich die Aussage ein wenig. Denn den im Schnaps enthaltenen Kräutern kann eine verdauungsfördernde Wirkung zugesprochen werden. Dieselbe Wirkung wird jedoch auch mit einem Kräutertee, Magendarm-Tropfen mit Kräutern oder mit einem Verdauungsspaziergang erreicht.

Viele gute Hausrezepte sind heute in Vergessenheit geraten. Wie kann man das Essen verfeinern, wenn man bekömmlicher kochen möchte - beispielsweise mit Kümmel oder Senf?

  • Dr. Diemer: Gewürze und Kräuter machen das Essen nicht nur abwechslungsreicher und schmackhafter, sondern tragen zur besseren Verdauung und zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Beispielsweise haben scharfe Gewürze einen stimmungsaufhellenden Effekt, wirken antibakteriell und steigern die Magensäuresekretion. Kümmel und Fenchel sind krampflösend und helfen gegen Blähungen. Basilikum und Enzian wirken verdauungsfördernd, Werden verschiedene Gewürze kombiniert, kann die beabsichtigte Wirkung noch verstärkt werden.

Präparate mit Mariendistel sollen gut für die Verdauung sein? Ist da was dran?

  • Dr. Schumacher: Ja, da ist etwas dran. Mariendistel wird auch als natürliche "Leberpflanze" bezeichnet. Denn die entgiftend wirkende Heilpflanze stärkt die Leber, unterstützt ihre Funktion und sorgt dafür, dass Leberzellen schneller regenerieren.

Ich bin häufig müde und antriebslos. Kann das auch mit Verdauungsstörungen zu tun haben und wenn ja, was raten Sie mir?

  • Dr. Maier: Antriebslosigkeit und Müdigkeit sind sehr unspezifische Symptome, die vielfältige Ursachen haben können - darunter auch Verdauungs- und Stoffwechselstörungen. Um Aufschluss über Veränderungen in bestimmten Organen oder über Mangelerscheinungen zu bekommen, ist es ratsam, eine Blutuntersuchung machen zu lassen. In Abhängigkeit davon sollten weitere Untersuchungen erfolgen, wie Ultraschall oder Magen- und Darmspiegelung.

Mariendistel- oder Artischocke-Produkte etc. gibt es ja in der Apotheke oder auch im Drogeriemarkt. Gibt es da hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit Unterschiede?

  • Dr. Schumacher: Wenn es sich um Arzneimittel wie beispielsweise Artischocken- oder Mariendistelkapseln von Tetesept handelt, die ja auch in Drogerien erhältlich sind, darf hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit kein Unterschied zu gängigen Präparaten aus der Apotheke bestehen. Entscheidend ist dabei, dass derartige Naturheilmittel vernünftig aufbereitet und in konstanter Qualität hergestellt werden. Dies wird durch das Arzneimittelgesetz vorgeschrieben.

Meine Schwester meint, dass eine Störung der Leberfunktion hinter meinen Verdauungsproblemen wie Völlegefühl und Übelkeit stecken könnte. Kann das sein und wenn ja, was ist zu tun?

  • Dr. Maier: Grundsätzlich kann das der Fall sein. Eine häufige Ursache sind Gallenblasensteine, weshalb zur Abklärung eine Ultraschalluntersuchung der Leber und der Gallenblase erfolgen sollte. Mit einer Blutuntersuchung sollten Störungen der Leberfunktion ausgeschlossen werden.

Seit ich regelmäßig Medikamente nehmen muss, ist meine Verdauung spürbar träger geworden. Wie kann ich dem entgegenwirken, ohne die Tabletten abzu­setzen?

  • Prof. Dr. Michael Geißler, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie an den Städtischen Kliniken in Esslingen a. N.: Bei einem Verdacht auf medikamentenbedingte Darmträgheit gilt es zuerst, alle Medikamente auf Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit zu überprüfen. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Bewegung sind dann die ersten Maßnahmen. Darüber hinaus können auch bestimmte Kräutertees und biologische Abführmittel kurzfristig Abhilfe schaffen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),